Nahezu optimale Wetterbedingungen, hervorragende Organisation durch den NLV-Kreis Göttingen und erstklassig präparierte Wettkampfanlagen durch die Platzwarte der GoeSF: Besser konnten die Voraussetzungen für eine Leichtathletik-Landesmeisterschaft der Extraklasse eigentlich nicht sein. Und doch lag ein Schatten über der zweitägigen Veranstaltung im Göttinger Jahnstadion. Die zur erweiterten deutschen Spitzenklasse der Männer und Frauen zählenden niedersächsischen Athleten hatten fast ausnahmslos auf eine Teilnahme an den Titelkämpfen verzichtet. Angetreten waren lediglich Dreispringerin Neele Eckhardt (LGG), Hochspringer Eike Onnen (Hannover 96) und Langsprinter Alexander Gladitz (Hannover 96), der allerdings nur auf den kurzen Sprintstrecken zu sehen war. In der U18-Jugend ergab sich glücklicherweise ein positiveres Bild. Zudem erwiesen sich einige Disziplinen vor allem im Wurfbereich und in den Hürdendisziplinen hinsichtlich der Teilnehmerzahl als miserabel besetzt. So musste der Hammerwurf der weiblichen U18-Jugend mangels Teilnehmerinnen ausfallen. Angesichts dieser Defizite ist der NLV gefordert, die Modalitäten dieser Meisterschaften zu überdenken.
Sportliche Höhepunkte gab es dennoch reichlich zu bestaunen. Besonders erfreulich aus Sicht der LGG: Der Verein war bei den Männer und Frauen möglicherweise erstmalig die Nummer Eins im Land. Drei Titel, fünf zweite und vier dritte Plätze: Das gab es zumindest in der jüngeren Vergangenheit nicht.
Der Höhepunkt der Meisterschaften war zweifellos der Dreisprung der Frauen. Sicherlich war man nach den bisherigen Ergebnissen guter Hoffnung, das Neele Eckhardt die Norm für die Weltmeisterschaften im August in London überbieten würde. Zweimal 13.91 Meter in den ersten beiden Versuchen waren gut, aber lagen doch recht deutlich unter der geforderten Mindestweite von 14,10 Metern. In Durchgang Drei folgte der Kracher: Dass der Sprung der weiteste in der Karriere der 25-jähigen war, war klar. Als dann das Ergebnis auf der Anzeigetafel erschien, kam es zu Ovationen des recht zahlreich erschienen Publikums, wie man sie seit vielen Jahren bei Leichtathletikveranstaltungen im Jahnstadion nicht mehr erlebt hatte. 14,35 Meter bedeuteten nicht nur die Qualifikation und die sichere Nominierung für London. Es war eine neue deutsche Jahresbestleistung, der vierte Rang in der ewigen deutschen Bestenliste, Platz zwei in der europäischen Jahresbestenliste und der sechste Platz in der Jahresweltbestenliste. Mit 14,14 Metern im letzten Durchgang bestätigte Neele Eckhardt noch einmal die Norm, nachdem sie auf die beiden vorherigen Versuche verzichtet hatte. Sie ist damit definitiv die besten Göttinger Leichtathletin aller Zeiten.
Friederike Altmann platzierte sich mit deutlich positiver Tendenz auf Rang Zwei: Die Erfüllung der Norm für die Deutschen U23-Meisterschaften mit 12,28 Metern kam leider nach Meldeschluss. Thea Schmidt wurde Dritte mit 12.03 Metern, während Lisanne Rieker keinen einzigen gültigen Sprung in die Grube brachte. Ein Bonmot der besonderen Güte zum Schluss: Neele Eckhardt sprang weiter als der Sieger des Männer-Dreisprungs, ein in der Historie der Landesmeisterschaften wohl einmaliges Ereignis.
Die Erfolge der übrigen LGG-Athleten traten dagegen zwangsläufig ein wenig in den Hintergrund. Für ein weiteres Highlight aus Göttinger Sicht sorgte Weitspringer Jonas Klack. Bereits im ersten Durchgang gelang ihm mit 7,40 Metern eine neue Bestleistung, eine Weite, die keiner seiner Konkurrenten auch nur annähernd zu springen in der Lage war. Im letzten Versuch legte er noch eine Schippe drauf und steigerte sich auf 7,46 Meter: Platz Drei in der ewigen LGG-Bestenliste. Ein Husarenstreich der besonderen Art gelang Maximilian Wardeck . Vor Beginn des Wettkampfes betrug seine Bestleistung 6,37 Meter, am Ende des Wettkampfes waren es 6,96 Meter. Völlig überraschend kam der LGG-Weitspringer auf den vierten Platz und bezwang dabei sogar Titelverteidiger Torben Weiß (TV Eintracht Sehnde).
Dritter LGG-Landesmeister wurde Martin Koch, dem der für Werfer nicht unbedingt einfache Übergang von der Jugendklasse zu den Männern reibungslos gelang. Koch stieß 14,44 Meter und wird der einzige Göttinger Vertreter in der Männerklasse bei den Deutschen U23-Meisterschaften sein. Im Diskuswurf wurde er zudem Dritter mit 41,47 Metern. Er wird die LGG-Farben in Leverkusen jedoch nicht alleine vertreten. Dabei sein wird auch Lea Jurdzinski. Die 21-jährige Sprinterin hat die U23-Normen für alle drei Sprintdisziplinen unterboten und wird bei der DM über 100 m und 200 m starten. Im Jahnstadion wurde sie Vizemeisterin über 200 m in 25,16 Sekunden und über 400 m in 57,74 Sekunden. Lea ist gebürtige Göttingerin, lebt seit 15 Jahren im niederländischen Groningen und absolvierte erst im Februar dieses Jahres ihr erstes Meisterschaftsrennen.
Mittelstrecklerin Julia Börner trat bereits mit der sicheren Fahrkarte für die DM der Männer und Frauen am 08./09.07. in Erfurt an. Im Jahnstadion gelang ihr das Kunststück, über 1500 m auf die Hundertstelsekunde genau über die Ziellinie zu laufen wie drei Wochen zuvor bei der Normerfüllung in Karlsruhe. In 4:31,62 Minuten wurde sie Vizemeisterin und kam am zweiten Meisterschaftstag über 800 m mit 2:14,31 Minuten auf den fünften Platz.
Zu vermelden sind schließlich noch dritte Plätze durch Thea Schmidt im Weitsprung mit 5,69 Metern, Malte Jäger im Hochsprung mit 1,95 Metern und Jonathan Kulp über 110 m Hürden in 16,93 Sekunden. Finalteilnahmen bzw. Platzierungen unter den ersten Acht gelangen darüber hinaus Jonas Klack über 100 m (5. in 11,17 Sekunden), Jasper Laakmann und Thomas Graeber über 1500 m (4. in 4:09,24 Minuten bzw. 6. In 4:14,28 Minuten), Arne Dittrich (6. im Diskuswurf mit 38,51 Metern), Carolin Hauck und Miriam Held über 5000 m (5. in 19:35,34 Minuten bzw. 8. In 21:04,21 Minuten), Friederike Altmann im Weitsprung (5. mit 5,58 Metern), Elena Gerland im Kugelstoß und Diskuswurf (8. mit 10,00 Metern bzw. 5. mit 34,06 Metern), Sarah Strohbusch im Diskuswurf (6. mit 29,69 Metern) sowie Lisa Jung im Speerwurf (6. mit 36,14 Metern).
Wenig zu melden hatte die LGG-Athleten dagegen in der U18-Klasse. Hier hatten ohnehin nur Linus Stach, Johanna Hillebrand und Michelle Fraatz Normen erfüllt. Außerordentlich positiv ist das Abschneiden von Johanna Hillebrand zu bewerten. Die von Tobias Groenewold trainierte 16-jährige verfehlte das Finale über 100 m nur um eine Hundertstelsekunde, wurde Vierte im Weitsprung mit 5,40 Metern und Sechste im Speerwurf mit 37,72 Metern, beides persönliche Bestleistungen.